GEORG VON KRAUSS (1826-1906)
Gründer der Münchner Lokomotivfabrik

Bericht von Siegfr. Baum / Zusammengestellt von Hans Rudi Lüthy,
Gestaltung von Franz Straka


Bild von Georg F. Krauss 
1826 - †1906
Johann Georg Friedrich KRAUSS wurde am Weihnachtstag des Jahres 1826 in Augsburg geboren. Mit dem Besuch der Kreisgewerbeschule und anschliessend der königlich-polytechnischen Schule in Augsburg nahm eine nachhaltige Berufslaufbahn ihren Anfang. Mit einem ausgezeichneten Abschluss verliess Georg Krauss 1847 diese Schule und ging zu Maffei nach München. Dort absolvierte er als gewissenhafter Arbeiter eine Art Volontariat. Die Betriebswerkstätte Hof der kgl. Bayer. Staatsbahn war die erste eigentliche Arbeitsstätte, wo er es innerhalb von nur zwei Jahren zum „Obermaschinenmeister“ brachte und anschliessend ins Allgäu nach Kempten und Lindau versetzt wurde. Als in der Schweiz die Nordostbahn 1847 eröffnet wurde, wurde er als Maschinenmeister in Zürich engagiert. Von Kessler in Karlsruhe, Maffei und Eschfer-Wyss hatte die NOB in den ersten Jahren Lokomotiven angekauft. Als man sich für die, zunächst nur als Pferdebahn geplante neue Linie von Bülach nach Regensberg, doch für den Lokomotivbetrieb entschied, liess die Verwaltung dem Maschinenmeister Krauss freie Hand.

Die erste vom Werk Krauss gebaute Lokomotive.
Foto: Werksfoto

Auch die eingesetzten B-Kuppler waren mit einem Tender ausgerüstet, wobei dessen Gewicht von 6 t bei einem Gesamtgewicht der Lokomotiven von 32 t doch beträchtlich war. Krauss liess den Tender weg und stellte erstmals eine 17 t leichte 2/2-gekuppelte Tenderlokomotive mit Wasserkastenrahmen vor. Sie waren mit den Betriebsnummern 46-49 versehen und bis 1882 in Betrieb. Die Fabrikschilder enthielten sogar den Zusatz „ G.KRAUSS“!

Nun reifte wohl die Absicht, das „Lokomotivbauen“ fortan zu seinem eigentlichen Berufsziel zu machen. Von Zürich aus versuchte er die Gründung einer Aktiengesellschaft in München oder Augsburg aufzubauen. Maffei hatte von der Absicht erfahren und es verstanden, die angesprochenen Geldgeber in Augsburg so zu verunsichern, sodass in der Subskription nur 174.000 Gulden gezeichnet wurden. Als Krauss anstelle der AG eine Kommanditgesellschaft mit seiner persönlichen Komplementärhaftung anbot, stellten namhafte Persönlichkeiten der Augsburger Industrie insgesamt 300.000 Gulden zur Verfügung.

Noch im Sommer 1866 wurde mit dem Bau der Fabrik in München begonnen. Bereits im März 1867 stand die erste Lok aus dem Werk von Georg Krauss , mit Namen „Landwührden“ auf dem Fabrikhof. Bis 1900 stand sie im Dienst. Nach der Ausmusterung kaufte sie Krauss zurück und stellte sie dem damals im Aufbau befindlichen Deutschen Museum zur Verfügung. Krauss scheint nicht nur ein ausgezeichneter Techniker, sondern ein ebenso hervorragender Verkäufer gewesen zu sein. Die Geschäfte gingen gut, sodass man im Stadtteil Sendling ein Zweigwerk für den Bau von kleinen und Schmalspurlokomotiven errichtete.


Für die 1875 eröffnete Uetlibergbahn wurden von Krauss 1874 eine Serie von vier starken Dampflokomotiven gebaut, für besondere ansprüche auf den Uetliberg mit 44,5 ‰ ssteigung, die ohne Zahnstange zu bewältigen war. Foto: VHS/Slg. SVEA
Als die k.u.k. Monarchie die Einfuhr von Lokomotiven durch hohe Einfuhrzölle erschwerte, baute man in Linz ein weiteres Zweigwerk. Krauss hatte schon bei der „Nordostbahn“ (NOB) erkannt, dass die Lokomotiven für viele Dienste überdimensioniert waren und viel „toten Balast“ herumschleppten. Das „ System Krauss“ zielte darauf ab, so kompakt als möglich zu bauen. Die Tenderlok mit dem Wasserkastenrahmen wurde das Markenzeichen Krauss'scher Konstruktionen.

1874 wurden für die tessiner Talbahn und später die Gotthardbahn mit Bestimmung für talbahngüterzüge und Bergbahnpersonenzüge vier Lokomotiven D 3/3 Nummer 41 - 44 (später SBB3144 u ff.) gebaut. Sie ist in ähnlicher Bauart wie die für die westschweizerische- und Jurabahn sowie Centralbahn in müllhausen gebaute "Boubonnais"-Lokomotive.
Foto: VHS/Slg. SVEA

Für die Vereinigten Schweizer Bahnen (VSB) konstruierte Krauss 1875 die E 2/2 "Ragatz", zusammen mit einer Schwesternlokomotive als sogenannten Gelegenheitskauf, eine für Personenzüge mit schlepptender gebaute Maschine, die mit einer Serie für die Saalebahn in Deutschland zum Einsatz kam, welche dem Maey´schen - NOB - Typ entsprach. Foto: VHS/Slg. SVEA

Mit Erfolg betätigte sich das Unternehmen auch beim Bau und Betrieb der in diesen Jahren allerorts entstehenden Nebenbahnen. Die „Feldbahn“ von Salzungen nach Kaltennordheim als erste Meterspurstrecke in Deutschland war nicht nur Versuchs-, sondern auch Meisterstück in einem. Das Grossherzogtum Sachsen-Weimar ehrte Krauss hiefür mit dem „Ritterkreuz 1. Klasse des Grossherzoglich-Sächsischen Hausorden“. Die Localbahn-Actiengesellschaft LAG wurde, wiederum mit Geldgebern aus Augsburg, 1887 gegründet. Diese kontrollierte in ihrer Blütezeit ein Schienennetz von 1.081 km. Ihre Aktivitäten beschränkten sich nicht nur auf Oberbayern und das Salzkammergut, sondern reichten bis in die Lausitz und nach Westungarn.



1876 entstand bei Krauss ein niedliches Lökeli in einer Serie von drei Stück mit dem lieblichen Übernamen "Eseli". Die 13,5 t schwere Lokomotive wurde speziell für den Rangierdienst gebaut. 1902 wurde sie von der SBB ausrangiert und bis 1948 stand sie als Werklok "St. Gallen" im Gaswerk der städtischen Werke St. Gallen. Foto: VHS/Slg. SVEA


1882 entstand die Eb 2/4 Nummer 30 als Tendermaschine für Schnell- und Personenzüge der Talbahn auf der nördlichen Zufahrtslinie zum Gotthard. Sechs Exemplare bezog man von Krauss, welche genau der Esslingermaschine der Jura-Bern-Luzernbahn nachgebildet wurden mit 28 t Adhäsionsgewicht, 550 PS Leistung.
Foto: VHS/Slg. SVEA

Nicht nur geschäftlich, auch privat bestanden gute Kontakte in die Schweiz. Als Krauss‘ erste Frau 1876 starb, nahm er 1878 Maria Elisabeth Römer, Tochter eines Zürcher Schreinermeister, zur zweiten Frau. 1880 wurde ihm nebst anderen Ehrungen und Orden auch der Adelstitel verliehen. Als im Oktober 1885 Krauss‘ Sohn Andreas tödlich verunglückte ordnete Vater Georg Krauss seine Verhältnisse, indem er sich aus dem aktiven Geschäft zurückzog, gleichwohl aber noch mit dem Unternehmen verbunden war. Am 30. November 1906 verstarb Georg Krauss. 1922 erschien die erste ELNA-Lok von Krauss ausgeliefert. Als Maffei 1931 in Konkurs geriet kam es auf Betreiben des bayerischen Staates zu einer Fusion mit der Krauss AG. Der Geist von Georg Krauss und sein Lebenswerk blieben uns erhalten. Heute gehört das Imperium zum Siemens-Konzern und auf den Fabrikschildern der modernen Elektrolokomotiven (Siemens-Transportation-Systems) findet man den altvertrauten Namen „ Krauss-Maffei“.

Quellen

Eisenbahn-Amateur 06/2002 Bericht über G. Krauss
Bilder aus dem VHS/ Archiv SVEA

Krauss oder Krauß?
Ergänzung von Klaus Peham
Heute ist in der Literatur durchwegs die Schreibung „Krauss“ gebräuchlich – gleich, ob im Zusammenhang mit der Person des Lokomotivbauers, den diversen damaligen Firmenniederlassungen bzw. den heutigen Nachfolgeunternehmungen (KraussMaffei Technologies GmbH) oder den Produkten („Krauss-Lokomotiven“). Tatsächlich aber wurde der spätere Ingenieur, Industrielle und Gründer der Locomotivfabriken Krauß & Cie. als Georg Krauß geboren, Sohn von Johann Georg Friedrich und Anna Margarethe Krauß. „Die Schreibweise Krauss hat sich erst später wegen der Verwendung von Großbuchstaben auf den Fabrikschildern eingebürgert“ (Anmerkung 1 und siehe Lokomotivschild)


Fabriksschild der 760-mm-Schmalspur-Verbundlokomotive
Uv.1 der ÖGLB (angebracht an den Wasserkästen)

Die Schreibung „ss“ statt „ß“ war seinerzeit wohl auch der Absicht von Krauß geschuldet, sein Unternehmen als internationaler Player auf dem Lokomotiv- und Maschinenbaumarkt zu etablieren (So ist das sogenannte „scharfe s“ außerhalb Deutschlands und Österreichs praktisch unbekannt und eignet sich daher nicht für die Verwendung im Namen von Unternehmen, deren Aktionsradius über unseren Sprachraum hinausreichen soll). Die „ss“-Schreibung (bedingt durch die Versalisierung/Großschreibung auf den Lokschildern; z. B. KRAUSS & CIE., KRAUSS & COMP, KRAUSS oder KRAUSS MAFFEI (Anmerkung 2) ) ging in der Folge auch in die Kleinschreibung ein („Krauss“ bzw. „Krauss & Cie.“). Damit verblasste über die Jahrzehnte auch die eigentlich korrekte ß-Schreibung des Namens von Georg Krauß, sodass der Lokomotivpionier heute fast nur noch in der „internationalisierten“ Schreibung „Georg (von) Krauss“ geläufig ist.

Einige Hinweise auf die „eigentliche“ bzw. ursprüngliche Schreibung des Namens sind im öffentlichen Raum bis heute erhalten geblieben: So gibt es in Linz an der Donau eine nach dem Lokomotivbauer benannte Kraußstraße; und die deutsche Stadt Augsburg erinnert mit der Georg-von-Krauß-Straße an den Technikpionier.

1 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Krauss
2 Div. Krauss-Lokschilder siehe z. B. hier: http://www.lokschilder.info/Galeriebilder/Fabrikschilder/Lokschild_Galerie_Fabrikschilder_IJKL.htm#Krauss oder hier: http://www.werkbahn.de/eisenbahn/lokbau/schilder/km_schilder.htm .
Auch die Schreibung KRAU S & CO auf einem (authentischen?) Kesselschild wurde schon gesichtet: http://www.interlok.info/Liliput.htm

Bericht von Siegfr. Baum
Zusammengestellt von Hans Rudi Lüthy,
Gestaltung von Franz Straka
Februar 2010
Klaus Peham
Ergänzung März 2010